„Nur durch gegenseitiges Kennenlernen können Vorurteile und Ängste überwunden werden.“
E. Ndahayo erklärt Schülern des Gymnasiums am Wirteltor, worauf es bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ankommt.
Am Studientag Europa stand der Unterricht in der Europaschule Gymnasium am Wirteltor ganz im Zeichen ihrer Europaorientierung.
Während in einem Teil des Schulgebäudes sich die rund 200 Teilnehmer an der regionalen Auswahlsitzung des Europäischen Jugendparlaments (EYP) auf ihre Debatten vorbereiteten, weitere 20 Schülerinnen und Schüler an einem Europa-Workshop der Schwarzkopf-Stiftung teilnahmen, bearbeiteten ca. 130 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe EF in Gruppen Aspekte der Flüchtlingskrise. Dabei wurden Fragen für das Gespräch mit Emmanuel Ndahayo vorbereitet.
Emmanuel Ndahayo kam vor 11 Jahren als Flüchtling aus Ruanda nach Deutschland und besitzt mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist Abgeordneter des Dürener Kreistags und dort Vorsitzender des Integrations- und Migrationsausschusses.
Gleich zu Beginn seines Vortrags machte er deutlich, warum er gerne an das Gymnasium am Wirteltor gekommen sei. Als Europaschule vermittle diese Schule in besonderem Maße Offenheit und Menschlichkeit.
Wie wichtig Menschlichkeit und Weltoffenheit gerade auch für Flüchtlinge sind, zeigte er an seinem eigenen Lebensweg.
Aus Ruanda musste er fliehen, da es dort keine rechtsstaatlichen Verhältnisse gab, und er und seine Familie willkürlicher politischer Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt waren. Wiederholt wies er im Vortrag darauf hin, wie unabdingbar der Rechtsstaat für ein Leben in Sicherheit sei. Es sei wichtig, dass Gesetze beachtet werden, und dazu gehören die im Grundgesetz geschützte Würde des Menschen und das Asylrecht für politisch Verfolgte. Die Aufnahme von Flüchtlingen sei eine Pflicht, die sich aus der Verfassung ergebe. Er bekräftigte, wer den Schutz durch den Rechtsstaat wolle, der müsse sich auch für das Recht auf Asyl einsetzen.
Viele Fragen der Schüler bezogen sich auf die Flucht und die Erfahrungen in Deutschland. E. Ndahayo erklärte, es sei für ihn nach der Ankunft in Deutschland besonders schwer zu ertragen gewesen, dass er zwei Jahre und sieben Monate auf den Asylbescheid habe warten müssen. In dieser Zeit durfte er keiner Arbeit nachgehen und auch Deutschkurse wurden ihm bis zum Abschluss des Asylverfahrens nicht genehmigt. „Ich war ein kräftiger junger Mann und wollte für meinen Lebensunterhalt selber sorgen und durfte es nicht.“. Nur dank der Unterstützung von Bürgern, der Caritas und der Diakonie sei es ihm möglich gewesen, in dieser Zeit ein menschenwürdiges Leben zu führen und Deutsch zu lernen. Er wünsche sich eine solche Unterstützung durch die Zivilgesellschaft auch für die Flüchtlinge, die heutzutage nach Deutschland kommen.
Angesprochen auf die Angst von Bürgern vor der Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in ihrem Ort, forderte E. Ndahayo dazu auf, Möglichkeiten zur persönlichen Begegnung zu schaffen. Angst vor dem Fremden sei natürlich. Nicht nur die Deutschen hätten Ängste, auch Flüchtlinge leiden darunter. Wenn sie sich ausgegrenzt fühlen, entwickeln sie Vorurteile. Deutsche und Flüchtlinge könnten diese nur überwinden, wenn sie sich kennen lernen. Daher freue er sich auch über die Gelegenheit, mit Schülerinnen und Schülern in der Schule zu sprechen. Dass diese Begegnung ebenfalls für sie eine Bereicherung war, brachten die Schülerinnen und Schüler durch die lebhafte Beteiligung am Gespräch nicht zuletzt durch ihren Applaus deutlich.
Nach Aussage des Europakoordinators der Schule Joachim Loos sind die Vermittlung von Offenheit gegenüber fremden Kulturen und die Bereitschaft zur Praktizierung zivilgesellschaftlicher Solidarität ein ganz wichtiger Bestandteil der Europabildung am Gymnasium am Wirteltor. Die Zusammenarbeit mit Emmanuel Ndahayo, die direkte persönliche Begegnung mit Flüchtlingen und die praktische Unterstützung werden auch in Zukunft fortgesetzt werden.
Joachim Loos