Unserer Fachschaft Sozialwissenschaften, Politik/Wirtschaft ist es ein besonderes Anliegen, den Lernenden die Grundlage für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an demokratischen Aushandlungsprozessen zu vermitteln. Dafür unabdingbar sind die Fähigkeiten öffentlich Position zu beziehen und ein auf der Basis von Sachinformationen gefälltes Urteil zu begründen, ohne dabei andere Positionen aus dem Blick zu verlieren.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden unsere Schülerinnen und Schüler mit sozialwissenschaftlichen Dilemmata konfrontiert. Beispielsweise möchte man sehr wohl von den Vorzügen eines unbeschränkten Handels profitieren, gleichzeitig sorgt man sich aber um die Produktqualität und Verbraucherrechte. In diskursiven Verfahren, wie beispielsweise Debatten, übernehmen die Lernenden verschiedene Perspektiven und erproben dabei, einen Standpunkt argumentativ zu vertreten. Die Jugendlichen erproben so in unserem Unterricht praxisnah, andere Positionen und damit verbundene Konflikte auszuhalten und demokratisch zu lösen. Auf der Metaebene werden diese Simulationen stets reflektiert. Denn in der Auswertung von Diskussionen geht es nie darum, dass Schülerinnen und Schüler die „richtige“ Lösungen erkennen. Vielmehr soll ihnen ein Werkzeug an die Hand gegeben werden, den eigenen Urteilsfindungsprozess zu systematisieren und ihre persönliche Begründungen qualitativ weiterzuentwickeln. Mit diesem Vorgehen stellen wir ein Instrument zur Verfügung, das in den verschiedenen Lernsituationen des Unterrichts exemplarisch geübt sowie im Alltag auf andere sozialwissenschaftliche Zusammenhänge übertragen werden kann. Damit wird der nachhaltige Lern- und Entwicklungsprozess der Schülerinnen und Schüler zum mündigen Bürger angeregt, „der, verantwortlich für sich und andere, sich informiert und selbständig seine Stimme in die Auseinandersetzung um die politische Regelung […] einbringt“ (Reinhardt 2014: S.17). Bereits in der Sekundarstufe I werden zur Förderung dieser Kompetenzen vorhandene Spontanurteile der Jugendlichen aufgegriffen, behutsam fachlich erweitert und geordnet, um die reflektierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen schrittweise auszubauen.
Unsere Schülerinnen und Schüler erproben ihre Fähigkeiten, wann immer möglich, anhand von Unterrichtsgegenständen, die tagespolitisch aktuell und medial präsent sind. Die Lernenden werden so mit „natürlichen“ Problemstellungen konfrontiert, die aufgrund ihrer sozialwissenschaftlichen Brisanz als lebendig empfunden werden, da sie prinzipiell lösbar sind. Die Diskrepanz von Wunschvorstellung und Realität macht neugierig und wirkt motivierend, die persönlichen Kompetenzen im Hinblick auf die Problemstellungen auszubauen. Da politische Probleme grundsätzlich nie eindeutig gelöst werden können, bilden die Materialien stets ein breites Spektrum an unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten ab, was der Kontroversität der Gegenstände gerecht wird.
Methodisch legt unsere Fachschaft Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis von verschiedenen sozialwissenschaftlichen Textsorten und Medien. Denn die Förderung aller Schülerinnen und Schüler verstehen wir als Selbstverständlichkeit. Die Kombination von Texten, Statistiken, Karikaturen und politischen Dokumentarfilmen individualisiert den Lernprozess, da verschiedene Lerntypen und -kanäle angesprochen werden. Der Entdeckerfreude junger Menschen wird unser Unterricht ebenfalls gerecht. Bereits in der Erprobungsstufe gehen unsere Schülerinnen und Schüler beispielsweise der Forschungsfrage nach, wie die Schulgemeinschaft mit Taschengeld umgeht. Im Rahmen solcher kleinen empirischen Projekte werden Daten erhoben und ausgewertet, was den Ansprüchen eines wissenschaftsorientierten Lernens entspricht. Aufbereitete Ergebnisse in Form von Diagrammen und Statistiken werden in Ausstellungen gewürdigt und erlauben so manchen (auch für Lehrkräfte!) interessanten Rückschluss auf aktuelle Entwicklungen.
Werner Ahn